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Carlo

Programme Note

Carlo Program notes Das Werk Carlo setzt sich mit Madrigalen Carlo Gesualdos auseinander. Es stellt den Versuch dar zwei völlig unterschiedliche Prinzipen des Tonsatzes miteinander zu vernetzen. Einerseits der in dem Madrigal enthaltene Tonsatz mit einer auf die stimmlichen Fähigkeiten bezogenen tonalen bzw. chromatisch-harmonischen Gestalt und andererseits zeitgenössische Strukturideen, die durch die Technik der seriellen Musik und mathematischer Ordnungskonzepte geprägt sind. Letztere entspringen dem Versuch neue Gestaltprinzipien aufzuspüren und einem zeitgenössischen Struktursatz mit hoher Komplexität jedoch einfacher Zugänglichkeit zu generieren.

Die Idee, ein Renaissance Madrigal als Substanz für eine moderne Komposition zu benutzen erzeugt zuerst den Anschein, das Resultat eines postmodernen Gedankens zu sein. Jedoch sollte unterschieden werden zwischen einer postmodernen Zitattechnik und der heterogenen Integration fremden Materials in einen neuen Kontext. Unsere gegenwärtige musikalische Kultur stützt sich keinesfalls auf zeitgenössische Musik allein. Im Gegensatz zu früheren Kulturperioden projiziert sie mit ihrer historisierenden Sicht verschiedene Epochen und Kulturen in die Gegenwart. Unsere Zeit ist ein Mosaik aus den unterschiedlichsten Stilen, Kulturen und Zeiten. Ganz selbstverständlich werden diese voneinander getrennt entstandenen Musiken in unserer Wahrnehmung miteinander kombiniert. In Carlo wird diese Kombination zu einer Existenzfrage zugespitzt: das Neue ist aus dem Alten gebaut. Das Alte Gebäude wird zu einem Steinbruch oder es wird verändert, erweitert, eingerissen und zerstört, wie es in der Architektur schon immer geschehen ist. Es geht in diesem Werk aber auch um den Versuch einer Antwort auf die schmerzliche Frage, warum dieses Neue überhaupt entstehen soll.